Zukünftige Entwicklung des Luftverkehrs
Prognostizierte Entwicklung des Luftverkehrs
Die Zahl der Passagierinnen und Passagiere sowie die Emissionen aus dem Luftverkehr sind bislang nahezu kontinuierlich gewachsen. Allein zwischen 2013 und 2018 erhöhten sich die Emissionen jährlich um 5 %. Prognosen, die vor Beginn der Covid-19-Pandemie erstellt wurden, schreiben das Wachstum in der Zukunft fort. So gingen Expertinnen und Experten davon aus, dass die Verkehrsleistung auch weiter um mehr als 4 % pro Jahr wachsen wird. Damit würde es 2050 weltweit fast vier Mal so viel Luftverkehr geben wie noch 2015.
Der Anteil am Luftverkehr ist jedoch sehr ungleich verteilt, sowohl zwischen Einkommensgruppen als auch regional. Für Asien und insbesondere Schwellenländer mit wachsenden Mittelschichten werden daher zum Beispiel höhere Wachstumsraten vorhergesagt als für die Industrieländer.
Energieverbrauch und Effizienz
Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO geht davon aus, dass der Kerosinverbrauch bis 2050 im Vergleich zu 2015 um das 2,4 bis 3,8-Fache steigen wird – je nachdem, wie viel effizienter Flugzeuge weiter werden. Zwar ist der Verbrauch in Bezug auf die geflogenen Passagierkilometer über die vergangenen Jahrzehnte deutlich gesunken, doch wächst das Verkehrsaufkommen deutlich schneller als die Effizienz. Auch unter den optimistischsten Annahmen für technologische Entwicklungen und Effizienzverbesserungen erwartet die ICAO bezogen auf die Verkehrsleistung nur eine jährliche Senkung des Brennstoffverbrauchs um 1,37 % bis 2050.
Auswirkungen von Covid-19 auf den Luftverkehr
Die Covid-19-Pandemie hat 2020 zu einem unerwarteten, drastischen und beispiellosen Rückgang des Luftverkehrs geführt. Im Herbst 2020 wird sowohl für Deutschland, in der EU als auch weltweit erwartet, dass in diesem Jahr weniger als halb so viele Flugzeuge in der Luft sein werden wie 2019.
Im Herbst 2020 ist das Ende der Einschränkungen des Luftverkehrs durch die Pandemie noch nicht abzusehen. Wird die Entwicklung eines Impfstoffs dazu führen, dass die Menschen weltweit zu ihrem alten Reiseverhalten zurückkehren? Oder wird die Krise auch langfristig zu weniger Luftverkehr führen? Dies sind wichtige, aber noch ungeklärte Fragen.
Auch in der Vergangenheit gab es Ereignisse und Krisen, die die CO₂ Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr sinken ließen – so die Wirtschaftskrise der Jahre 2007 und 2008, die Auswirkungen der Terroranschläge von 2001 oder der Zweite Golfkrieg Anfang der 1990er Jahre. Doch nach diesen Krisen ist der Luftverkehr innerhalb von zwei bis sechs Jahren zum Vorkrisenniveau zurückgekehrt. Innerhalb weniger Jahre waren zudem wieder die Wachstumsraten erreicht, die es vor der Krise gab, wenn auch mit etwas niedrigeren Gesamtemissionen. Und auch Prognosen aus dem Herbst 2020 gehen davon aus, dass innerhalb von fünf Jahren wieder das Verkehrsaufkommen von 2019 erreicht sein wird.
Gleichzeitig zeichnen einzelne Stimmen ein Szenario, in dem die Krise zu langfristig niedrigeren Wachstumsraten des Luftverkehrs führen könnte als bisher. Faktoren, die dazu beitragen können, sind
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Weniger Reisen auch nach Ende der Pandemie, etwa weil Dienstreisen weiterhin verstärkt durch virtuelle Meetings ersetzt werden. Alleine durch die Pandemie wird sich unser privates Reiseverhalten aber nicht grundlegend ändern, hierfür braucht es ein stärkeres Umdenken.
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Das Knüpfen von finanzieller Unterstützung für die Branche an die Bedingung, klimaschädliche Emissionen aus dem Luftverkehr zu reduzieren. Bisher haben allerdings nur zwei Staaten – Frankreich und Österreich – solche Bedingungen als nicht-verpflichtende Voraussetzungen für Hilfszahlungen aufgestellt.
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Einsatz der effizientesten Flugzeuge bei der Wiederaufnahme des Luftverkehrs. So lange technologische Entwicklungen zur Steigerung der Energieeffizienz allerdings nur langsam voranschreiten, steigen die Emissionen wieder.
Das globale Netzwerk der Luftverkehrsindustrie ATAG (Air Transport Action Group) prognostiziert im Herbst 2020, dass in 2050 etwa 10 Milliarden Passagiere pro Jahr mit dem Flugzeug unterwegs sein werden. Das sind mehr als doppelt so viele wie 2019, aber 16 % weniger als in früheren Prognosen aufgrund der Auswirkungen der Covid-19 Pandemie.
Wege für den Klimaschutz nach der Pandemie
Ein Instrument, das für mehr Klimaschutz im Luftverkehr sorgen sollte, hat in Folge der Covid-19-Pandemie jedoch deutlich an Wirksamkeit verloren: Im Juni 2020 hat die ICAO die Regeln für das CORSIA Abkommen angepasst: Durch die Änderung des Referenzwertes, im Vergleich zu dem Airlines ihr Emissionswachstum in Zukunft kompensieren müssen, wird die Nachfrage nach Kompensationszertifikaten in den kommenden Jahren drastisch sinken. Dadurch wird das Instrument nahezu wirkungslos für den Klimaschutz.
Der Wiederaufbau nach der Covid-19-Pandemie sollte aus unserer Sicht als Gelegenheit wahrgenommen werden, den Luftfahrtsektor durch klimaschutzorientierte Regulierung, stärkere Vorgaben für die Emissionsreduktion und den Einsatz von alternativen Kraftstoffen, die Förderung von technologischen Innovationen und das Vermeiden von Flugreisen grüner zu gestalten. Zum ungebremsten Wachstum des Luftverkehrs sollten wir jedenfalls nicht zurückkehren.
Links zu weiterführenden Informationen
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Heinrich-Böll-Stiftung (2016): Oben. Ihr Flugbegleiter.
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Roland Berger (2020): Covid-19 – How we will need to rethink the aerospace industry.
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IATA (2020): Covid-19: Outlook for air travel in the next 5 years.
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ICAO (2018): ICAO long-term traffic forecasts. Passenger and cargo.
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ICAO (2019): Destination Green: The next chapter. 2019 Environmental Report Aviation and Environment.
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ICAO (2019): Trends in emissions that affect climate change.
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ICAO (2020): Economic impacts of Covid-19 on civil aviation.
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Infras (2018): Szenario Luftverkehr Deutschland unter Einbezug von Umweltaspekten. Umweltbundesamt.