2012 trugen Subventionen für den Verkehrssektor in Höhe von € 28,6
Milliarden zur Belastung der Umwelt bei. Ein großer Teil der
existierenden Subventionen entfällt mit etwa € 12 Milliarden auf den
Luftverkehr. Die Subventionen bestehen aus fehlenden Mehrwert- und
Kerosinsteuern sowie zu niedrigen Ticketsteuern. Dies verzerrt den Wettbewerb zu
Lasten der Bahn und anderer umweltfreundlicherer Verkehrsmittel.
Wie steht es um
Wettbewerb und Infrastrukturen?
Das Argument der Flugbranche gegen eine höhere Besteuerung: Die
Unternehmen hätten an anderer Stelle hohe Kosten, etwa für
Flughafengebühren oder die Flugsicherung. Außerdem würden höhere Steuern
zu Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Luftverkehr führen, andere
Verkehrsträger seien zudem ebenfalls subventioniert. Die
Luftverkehrsbranche nimmt darüber hinaus für sich in Anspruch, als
einziger Verkehrsträger seine Infrastrukturkosten komplett selbst zu
finanzieren. Bahnfahren sei in den meisten Fällen zudem billiger als das
Flugzeug.
Eine Analyse
der Deutschen Welle (DW) kommt zu anderen Ergebnissen: Vor allem auf
Strecken, auf denen Billig-Airlines fliegen, ist ein Flug günstiger als
eine Bahnfahrt. Die Senkung der Mehrwertsteuer für Bahnreisen auf den
ermäßigten Satz von 7 % im Jahr 2019 dürfte jedoch insbesondere innerdeutsche Reisen mit der Bahn im Vergleich
zum Flugzeug finanziell attraktiver machen.
Die Kosten für Flugtickets stehen zudem keinesfalls im Verhältnis zum
ökologischen Schaden, den eine Flugreise verursacht. Auch die
vollständige Finanzierung der Infrastruktur durch den Luftverkehr hält
einer genaueren Betrachtung nicht stand: Subventionen für Regionalflughäfen und das
finanzielle Desaster rund um den Bau des neuen Berliner Flughafens BER
belasten durchaus die öffentliche Hand. Abgesehen davon werden Steuern
zudem noch aus anderen Gründen erhoben – so etwa, um das Bildungswesen
oder Sozialleistungen zu finanzieren und Rettungspakete in Krisenzeiten
zu schnüren. Von all dem profitiert auch die Luftfahrt. Letztlich können
Steuern außerdem eine Lenkungsfunktion entwickeln: Die Energiesteuer führt zum
Beispiel zu einem höheren Anreiz für Energieeffizienz.
Näher zum Wünschenswerten
Für eine höhere Besteuerung des Luftverkehrs existiert in der EU
sogar politischer Wille: Die Finanzministerinnen und Finanzminister von
Belgien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Italien,
Luxemburg, Schweden und der Niederlande haben sich im November 2019 für
eine EU-Initiative zur Besteuerung des Luftverkehrs ausgesprochen. Auch
72 % der EU-Bürgerinnen und Bürger befürworten einen CO₂-Steuer auf
Flugreisen. Dennoch ist die derzeitige Regulierung aus
Klimaschutz-Perspektive leider weit von dem entfernt, was wünschenswert
wäre.
Energiesteuer
Wie
sieht die derzeitige Regelung für Energiesteuern aus?
Die Energiesteuer ist eine geltende Verbrauchsteuer auf verschiedene
Energieträger. Auf europäischer Ebene werden Mindeststeuersätze
festgelegt, die Mitgliedsländer dürfen aber auch höhere Steuersätze
verlangen. Der Flugzeugtreibstoff für den gewerblichen Betrieb ist gemäß
der Energiesteuerrichtlinie 2003/96/EG der EU von der Energiesteuer
befreit. Die Mitgliedstaaten haben jedoch gemäß Artikel 14 Absatz 2 die
Möglichkeit, diese Befreiung für Flüge innerhalb der EU und für
Inlandsflüge abzuschaffen. Der Mindestsatz für EU-Energiesteuern beträgt 33 Cent pro Liter
Kerosin. Für Deutschland werden die Steuern im Energiesteuergesetz
festgelegt: Für Kerosin beträgt der Mindestsatz hier 65 Cent pro Liter,
identisch zum Benzinverbrauch im Straßenverkehr.
Energiesteuerbefreiungen
national, europäisch und international
Momentan erhebt allerdings kein einziger EU-Mitgliedsstaat
Energiesteuern auf Kerosin, das auf Inlandsflügen verbraucht wird – auch
Deutschland nicht. Die Subventionen durch Energiesteuerbefreiungen des
kommerziellen Luftverkehrs belaufen sich EU-weit auf rund € 27
Milliarden und für Deutschland auf rund € 8 Milliarden pro Jahr.
Grundlage für die Steuerbefreiung von Flugzeugkraftstoff sind die
Bestimmungen des internationalen ICAO-Abkommens, das 1944 in Chicago
geschlossen wurde. Die internationale
Organisation für zivile Luftfahrt (ICAO) verbietet die Besteuerung
von Kerosin aber nicht per se, sondern nur in bestimmter Form. So darf
zum Beispiel kein Kerosin besteuert werden, das sich bereits an Bord
eines Flugzeugs befindet und dem internationalen Weiterflug dient.
In bilateralen Luftverkehrsabkommen, die den Luftverkehr zwischen
zwei Ländern regeln, wird die Steuerbefreiung aber häufig erwähnt, so
etwa im Abkommen zwischen der EU und den USA (2007/339/EG). Solche
Abkommen sind die Grundlage dafür, dass Flugzeuge zwischen den beiden
Ländern verkehren können, sie regeln den Besitz und die Kontrolle von
Luftfahrtunternehmen und sind die Basis für die Zusammenarbeit zwischen
den Ländern, etwa in Bezug auf Sicherheit und Wettbewerb. Die Idee für
eine Steuerbefreiung stammt aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg: Die
Vereinbarung, keine Kerosinsteuern zu erheben, war damals weit
verbreitet, um die Ausweitung der Luftfahrtindustrie und damit auch den
internationalen Austausch zu stärken.
Außerhalb der EU erheben Länder wie die USA, Kanada, Australien,
Japan, Saudi-Arabien, Thailand und Vietnam Verbrauchssteuern auf
Flugtreibstoffe für nationale Flüge. Die Sätze variieren zwischen € 0,02
pro Liter in Australien und € 0,70 pro Liter in Hongkong.
Wie sollte
die Regelung für Energiesteuern aussehen?
Es ist nicht sinnvoll, dass Kerosin von der Energiesteuer ausgenommen
ist.
Aus Klimaschutzperspektive sollte eine Kerosinsteuer möglichst
weiträumig, zumindest EU-weit, eingeführt werden.
Da einige Mitgliedsstaaten eine solche Steuer ablehnen und in der EU
einstimmig über Steuern entschieden werden muss, ist ihre EU-weite
Einführung schwer durchsetzbar. Möglich wäre aber, dass sich zunächst
einige Mitgliedsstaaten zu einer “Allianz der Willigen”
zusammenschließen und Kerosin auf Flügen untereinander besteuern.
Auf Inlandsflügen sollte eine Kerosinsteuer auf jeden Fall eingeführt
werden. Rechtlich wäre dies ohne Restriktionen möglich. Das
Energiesteuergesetz sieht theoretisch eine Erhebung von 65 Cent pro
Liter Kerosin vor – das entspräche der Besteuerung von Benzin. Auch
Kerosin, das für internationale Flüge in Deutschland getankt wird,
könnte besteuert werden. Hierfür müssten nur bilaterale Abkommen
geändert werden, die dies bisher verhindern. Eine Kerosinsteuer würde
die Kosten für CO₂-Emissionen direkt erhöhen und somit negative
Klimawirkungen berücksichtigen. Gleichzeitig könnte sie als
Verbrauchsteuer zusätzliche staatliche Einnahmen schaffen, die an
anderer Stelle für den Klimaschutz oder andere Allgemeinzwecke
eingesetzt werden könnten.
Kerosin sollte darüber hinaus zusätzlich zur Einbeziehung in das EU-Emissionshandelssystem
besteuert werden. Denn: Der EU-Emissionshandel berücksichtigt nur die
CO₂-Emissionen. Eine Verbrauchsteuer könnte zusätzlich die weiteren negativen Klimawirkungen des
Luftverkehrs mit einem Preis versehen.
Mehrwertsteuer
Wie
sieht die derzeitige Regelung für Mehrwertsteuern aus?
Bei internationalen Flügen fällt keine Mehrwertsteuer an. Ausgehend
von einem durchschnittlichen Mehrwertsteuersatz von 19 % machen die
EU-weiten Subventionen so jährlich rund € 30 Milliarden aus. In
Deutschland erhält der Luftverkehr damit Subventionen in Höhe von rund €
5 Milliarden. Die meisten Mitgliedsstaaten erheben immerhin eine
Mehrwertsteuer auf Inlandsflüge, so auch Deutschland. Innerdeutsche Flüge machen nur einen kleinen Teil
aller Flüge hierzulande aus. Je nach EU-Mitgliedsstaat sind es jedoch
zwischen 6 % und 27 % der Gesamtflüge.
Gemäß der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie soll im internationalen
Luftverkehr keine Mehrwertsteuer auf die Treibstofflieferung, die
Lieferung, Reparatur oder Wartung der Flugzeuge selbst oder ihre Fracht
erhoben werden. Die Staaten können aber Mehrwertsteuern auf Flugtickets
sowie etwa auf Treibstoff und Flughafen- oder Servicegebühren erheben.
Die USA und Kanada erheben beispielsweise eine Verkaufs- oder
Transportsteuer für Flüge zwischen ihren Ländern und im Falle der USA
auch nach Mexiko. Mexiko erhebt einen allgemeine Transportsteuer von 4 %
auf internationale Flüge.
Wie sollte
die Regelung für Mehrwertsteuern aussehen?
Eine Mehrwertsteuer ist auch für internationale Flüge dringend
erforderlich, um die Subventionierung des klimaschädlichsten
Verkehrsmittels – des Flugzeugs – abzubauen.
Eine EU-weite Regelung zur Mehrwertsteuer wäre die sinnvollste
Lösung, um im EU-Binnenmarkt gleiche Bedingungen zu schaffen. Dazu
müsste die EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie geändert werden, die die
Rahmenbedingungen für die nationalen Regeln zur Mehrwertsteuer festlegt.
Seit 2019 läuft ein Reformprozess dieser Richtlinie. Die Mehrwertsteuer
könnte im Land des Abflugs für den gesamten Flug erhoben werden. Eine
solche Änderung wäre einfach umzusetzen und hätte große ökologische
Wirkung.
Es ist allerdings unsicher, ob sich die EU-Mitgliedsstaaten auf eine
solche Regelung einigen können. Auch für den internationalen Luftverkehr
über die EU hinaus gibt es große Hürden, die der Einführung einer
Mehrwertsteuer entgegenstehen. So rechtfertigt der internationale
Dachverband der Fluggesellschaften (IATA) den
Null-Prozent-Mehrwertsteuersatz mit dem Argument, dass der
internationale Flugverkehr außerhalb jeder Steuerhoheit stattfindet und
so gleiche Rahmenbedingungen für den Luftverkehr über Ländergrenzen
hinweg möglich seien.
Solange diese Hürden bestehen, wäre es sinnvoll, die bereits
bestehende Ticketsteuer so
weit anzuheben, dass die Einnahmen ausgeglichen werden, die wegen der
fehlenden Mehrwertsteuer auf grenzüberschreitende Flüge ausbleiben.
Ticketsteuer
Wie
sieht die derzeitige Regelung für Ticketsteuern aus?
Ticketsteuern – oder auch Luftverkehrssteuern – werden in Deutschland
bei Abflug von einem inländischen Standort auf gewerbliche
Passagierflüge erhoben (Steuergegenstand ist der Rechtsvorgang, z.B. der
Beförderungsvertrag, der zum Abflug berechtigt).
In Deutschland werden Ticketsteuern je nach Zielregion erhoben. Diese
sind in drei Distanzklassen unterteilt; die Steuersätze liegen in 2020
zwischen € 13,03 und € 59,43 pro Abflug in Deutschland. Für Inlandsflüge
wird die Steuer sowohl für den Hin- als auch den Rückflug gezahlt. Diese
Steuersätze gelten seit dem 1. April 2020 und wurden im Rahmen des
Klimaschutzprogramms 2030 angehoben. Die Steuer entfällt auf die gesamte
Flugreise vom Abflug in Deutschland bis zum Zielflughafen, die
Distanzklasse endet dabei somit nicht bei Flughäfen, die nur einem
Zwischenstopp oder Umstieg dienen. Passagierinnen und Passagiere, die in
Deutschland nur umsteigen, zahlen keine Luftverkehrsteuer. Auch
Zubringerflüge innerhalb Deutschlands werden nicht getrennt besteuert,
es gilt der Steuersatz für das Reiseziel. Flüge von Kindern unter zwei
Jahren und Flüge zu rein hoheitlichen, militärischen oder medizinischen
Zwecken werden nicht besteuert.
Die Höhe der Luftverkehrsteuer ist an die Versteigerungserlöse des EU-Emissionshandels gekoppelt.
Die Idee war, dass die Summe aus Einnahmen der Luftverkehrssteuer und
den Auktionserlösen des Emissionshandels zusammen eine Milliarde Euro
pro Jahr beträgt und jährlich angepasst wird. Mit den neuen Steuersätzen
ab April 2020 wurde die Summe auf € 1,75 Milliarden erhöht.
In Europa gibt es sehr unterschiedliche Ticketsteuern. In
Großbritannien sind sie mit durchschnittlich etwa € 45 pro Passagier
vergleichsweise hoch. Norwegen und Österreich haben im Vergleich zu der
deutschen Ticketsteuer dagegen niedrigere Ticketsteuerlasten pro
Passagier und Passagierin.
Wie sollte
die Regelung für Ticketsteuern aussehen?
Die Ticketsteuer soll Staatseinnahmen generieren, aber auch eine
ökologische Wirkung haben. Ohne eine Mehrwertsteuer auf internationale
Flüge und ohne Kerosinsteuer kann die Ticketsteuer aber nur einen
kleinen Beitrag dazu leisten, die steuerliche Subventionierung des
Flugverkehrs zu reduzieren.
Solange keine Mehrwertsteuer auf internationale Flüge erhoben wird,
sollte die Ticketsteuer angehoben werden, so dass sie die nicht erhobenen
Steuern ausgleicht.
Auf die Beförderung von Frachtgütern sollte ebenfalls eine
Luftverkehrsteuer erhoben werden. Denn die aktuelle Regelung betrifft
nur den Passagierverkehr.
Besonders wichtig ist, dass Nachbarländer ihre Systeme für
Ticketsteuern aufeinander abstimmen. Denn auch hier ist es schwierig,
direkt eine europaweite Lösung zu finden. Deutschland sollte als ersten
Schritt die Steuer für Kurzstreckenflüge erhöhen. Hier besteht kein
nennenswertes Risiko, dass Passagierinnen und Passagiere versuchen, die
Steuer zu umgehen, indem sie andere Flugrouten wählen. In anderen
EU-Ländern sind zudem auch Diskussionen um die Ticketsteuer im Gang. So
hat Frankreich seine Ticketsteuer 2020 erhöht, die Niederlande wollen ab
2021 eine Ticketsteuer einführen.
Auswirkungen von
Ticketsteuern
Auf innerdeutschen Flügen könnte eine erhöhte Ticketsteuer
kurzfristig zu einem spürbaren Nachfragerückgang führen, insbesondere
für Privatreisen. Denn preiswerte nationale Flüge werden durch die
Doppelerhebung für Hin- und Rückflug und die erhobene Mehrwertsteuer
teurer. Da selbst bei Billigfliegern die durchschnittlichen Tickets für
innerdeutsche Flüge in der mittleren Preisklasse liegen, sind die
Auswirkungen einer höheren Ticketsteuer auf den Ticketpreis nicht sehr
hoch.
Auf internationalen Strecken führen die neuen Sätze des
Luftverkehrsteuergesetzes (LuftVStG) nur bei sehr günstigen Tickets zu
einer relevanten Preissteigerung und damit zu spürbaren Auswirkungen.
Bei moderaten bis hohen Ticketpreisen liegt der einmalige
Nachfragerückgang unter 2 %. Insgesamt wird geschätzt, dass ein um 10 %
höherer Preis in den meisten EU-Ländern zu 9 bis 11 % weniger Nachfrage
führen würde. Höhere Ticketpreise hätten zudem keine negativen
Auswirkungen auf die Beschäftigung. Zwar würden Arbeitsplätze in der
Flugbranche verloren gehen, aber die höheren Steuereinnahmen würden sich
positiv auf die Gesamtwirtschaft auswirken.
Eine andere Idee, den Luftverkehr stärker zu regulieren, wäre eine
progressive Besteuerung: Sie könnte die Menge und Entfernungen der
Flüge, die eine Person pro Jahr zurücklegt, berücksichtigen. Die Idee
einer Vielfliegerabgabe (Frequent Flyer Levy, FFL) sieht vor, jeden
Flug, der innerhalb eines bestimmten Zeitraums durchgeführt wird,
schrittweise teurer zu machen und damit einen Anreiz für weniger Flüge
zu schaffen. Eine Flugmeilenabgabe (Air Miles Levy, AML) hingegen würde
zunehmend die geflogene Entfernung verteuern. Da geringe
Einkommensgruppen seltener und weniger weit fliegen wären sie von den
Preiserhöhungen nicht so stark betroffen wie hohe Einkommensgruppen.
Trotzdem müssten diese Abgaben mit anderen politischen Maßnahmen
kombiniert werden, um Umweltauswirkungen des Luftverkehrssektors
ausreichend zu adressieren.
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