Europäische und internationale Regulierung
Der Luftverkehr wird auf europäischer Ebene durch den Emissionshandel (EU-ETS) und auf internationaler Ebene durch das CORSIA System unter der ICAO adressiert. In der Berichterstattung unter der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) werden Emissionen in nationale und internationale Luftverkehrs-Emissionen unterschieden. Eine Regelung zur Verringerung der internationalen Emissionen ist schwierig umzusetzen, da dazu ein weltweiter Konsens notwendig ist. Auf internationaler Ebene wurde 2016 beschlossen, dass ein globales marktbasiertes System den Luftverkehr regulieren soll. Das entsprechende Instrument CORSIA tritt ab 2021 in Kraft.
Der innereuropäische Luftverkehr ist zudem seit 2012 vom EU-ETS abgedeckt. Eine Regulierung findet dort über den Handel mit Emissionszertifikaten für die Emissionen statt, die bei innereuropäischen Flügen ausgestoßen werden. Bis 2021 ist der Luftverkehr von EU- in Nicht-EU-Staaten also nicht im ETS erfasst. In welchem Verhältnis der EU-ETS mit dem CORSIA-System stehen soll, ist noch nicht geklärt. Ein Vorschlag der Europäischen Kommission wird im zweiten Quartal 2021 erwartet.
EU – Emissionshandel
Der Luftverkehr in der EU ist vom EU-Emissionshandel (EU-ETS) erfasst. CO₂-Emissionen im Luftverkehr werden daher über den Handel mit Emissionszertifikaten innerhalb des EU-ETS mit einem CO₂-Preis versehen und in der Gesamtmenge begrenzt. Dieses Instrument kann allerdings bisher in der Praxis nicht seine volle Wirkung entfalten. Denn erstens ist nur ein Teil der Flüge aus der EU vom ETS abgedeckt und zweitens sind die Preise für Emissionszertifikate zu niedrig und das Angebot zu hoch, damit der EU-ETS alleine ein wirksames Instrument für mehr Klimaschutz im Luftverkehr sein könne.
Wie wird der Luftverkehr im EU-ETS erfasst?
Seit 2012 ist der Luftverkehr im Europäischen Emissionshandelssystem (Emissions Trading System – ETS) erfasst. Der EU-ETS umfasste bis dahin nur stationäre Anlagen aus dem Energie- und Industriesektor. Ursprünglich sollten alle Flüge in den EU-ETS einbezogen werden, die von europäischen Flugplätzen starten und/oder landen (sogenannter “full-scope”). Verschiedene Länder, insbesondere die USA, China und Russland, sahen darin aber eine illegale Besteuerung von Fluggesellschaften fremder Nationen. So wurde der Einflussbereich des EU-ETS rückwirkend von Anfang an deutlich begrenzt und umfasst nun nur den innereuropäischen Luftverkehr. Damit deckt der EU-ETS nur ein Drittel des anfänglich angedachten Umfangs für den Luftverkehr ab (siehe Abbildung 3‑1). Die Begrenzung wurde immer wieder verlängert und gilt noch immer. Sobald die genaue Ausgestaltung von CORSIA endgültig feststeht, soll der Anwendungsbereich des EU-ETS überprüft und entweder permanent reduziert oder zurück zum full-scope gesetzt werden.
Unter dem EU-ETS müssen seit 2012 Emissionshandelszertifikate für die CO₂-Emissionen von Flügen innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes abgegeben werden. Einige Flüge, so etwa von Kleinflugzeugen und sehr kleinen Fluggesellschaften oder auch Regierungsflüge, fallen dabei nicht unter den EU-ETS.
Alle Luftverkehrsgesellschaften, die verantwortlich für ETS-pflichtige Flüge sind, müssen die Emissionen der Flüge überwachen und jährlich zum 1. April an die EU berichten. Bis zum 1. Mai jeden Jahres sind Zertifikate in der Höhe der Emissionen einzureichen.
Derzeit erhalten die Luftverkehrsbetreiber einen hohen Anteil dieser Zertifikate kostenfrei. Für darüber hinaus gehende Emissionsmengen müssen die Betreibenden Zertifikate bei regelmäßig stattfindenden Auktionen oder direkt von Anlagen im stationären Emissionshandel zukaufen. 2019 betrugen die ETS-Emissionen des Luftverkehrs 68 Millionen Tonnen CO₂, das sind knapp 40 % der gesamten Luftverkehrsemissionen. Für die Periode bis 2012 bis 2020 erhalten die Fluggesellschaften über 50 % der benötigten Emissionen kostenlos.
Zwischen 2013 und 2020 bleibt die Menge der kostenlos verteilten Zertifikate für die Luftverkehrsbetreiber gleich. Ab dem Beginn der vierten Emissionshandelsperiode ab 2021 sinken sie jährlich um 2,2 % (entsprechend dem Linearen Reduktionsfaktor (LRF).
Ist der EU-ETS ein wirksames Mittel für mehr Klimaschutz im Luftverkehr?
Der EU-ETS war die erste politische Maßnahme, die zur Reduktion der Emissionen in diesem Sektor überhaupt eingesetzt wurde. Damit hatte er eine Pionierfunktion und setzte ein wichtiges Signal in die richtige Richtung. So wie der EU-ETS derzeit ausgestaltet ist, hat er allerdings keine starke Wirkung für mehr Klimaschutz im Luftverkehr.
Die Gründe dafür sind:
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Begrenzter Erfassungsbereich:
Da der EU-ETS nur innereuropäische Flüge abdeckt, bleiben derzeit über 60 % der Luftverkehrsemissionen nach dem Treibhausgasinventar der EU nicht erfasst.
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Begrenzung nur auf CO₂ deckt nicht alle negativen Auswirkungen auf das Klima ab:
Der EU-ETS reguliert ausschließlich die CO₂-Emissionen und nicht die indirekte Klimawirkung von Flügen. Gerade im Luftverkehr ist diese Vereinfachung besonders fragwürdig. Denn: Neben den direkten Emissionen durch die Kerosinverbrennung führen die in hohen Luftschichten emittieren Gase zu Wolkenbildung und anderen chemischen Prozessen. Nach bisherigen Schätzungen sind die Treibhausgaswirkungen dieser Effekte im globalen Durchschnitt etwa dreimal so hoch wie die durch die Verbrennung erzeugten CO₂-Emissionen.
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Ziel des gesamten ETS zu niedrig:
Der EU-ETS begrenzt die Emissionen über die Festlegung eines sogenannten Caps, also einer Obergrenze der möglichen Emissionen. Die Gesamtmenge der Emissionen im System darf diese Grenze nicht überschreiten. Das Cap berechnet sich etwa aus der Summe der frei zugeteilten zulässigen Emissionen und den Zertifikaten bzw. Emissionszuteilungen, die versteigert werden. Für die Zeit bis 2020 ist das Cap konstant. Die Obergrenze beträgt 95 % der Emissionen der Jahre 2004 bis 2006. Seitdem sind die Emissionen deutlich angestiegen. Für den Luftverkehr ist das Cap damit deutlich niedriger als die tatsächlichen Emissionen. Die Lücke zwischen den tatsächlichen und erlaubten Emissionen müssen die Betreiber decken, indem sie etwa Emissionshandelszertifikate aus dem stationären ETS kaufen.
Wenn ein Luftverkehrsbetreiber Zertifikate einer Industrie-Anlage kauft, bedeutet das allerdings nicht, dass tatsächlich Emissionen eingespart werden.
Der Überschuss an Zertifikaten ist so hoch, dass die vom Luftverkehr benötigten Zertifikate derzeit keine Auswirkungen auf den gesamten ETS haben.
Im stationären EU-ETS gibt es einen erheblichen Überschuss an Zertifikaten, 2019 betrug er über 1000 Millionen an zulässigen Emissionszertifikaten (European Union Allowance EUA, siehe. Die etwa 30 Millionen Zertifikate, die der Luftverkehr jährlich aus dem stationären Sektor zusätzlich nachfragt, fallen bei dem bestehenden Überangebot nicht so stark ins Gewicht, dass sie zu einer Emissionseinsparung an anderer Stelle führen würden. Diese Situation könnte sich in Zukunft ändern, wenn der EU-ETS reformiert wird. Bisher wurde beschlossen, eine sogenannte Marktstabilitätsreserve einzuführen, die den Überschuss an Zertifikaten reduziert. Außerdem sollen Zertifikate komplett gelöscht werden und die Obergrenze für den gesamten EU-ETS soll ab 2021 sinken.
Die Preise für die Emissionszertifikate, die im Emissionshandel zu kaufen sind, sind zu niedrig, um die Dekarbonisierung des Luftverkehrs voranzutreiben.
Erst 2018 haben die CO₂-Preise im EU-ETS die Grenze von € 10 pro Tonne CO₂ überschritten. Mitte 2020 lagen sie bei € 30 pro Tonne, bis 2030 werden die Preise voraussichtlich weiter steigen. Für die Luftverkehrsbetreiber entstehen daher nur geringe zusätzliche Kosten, wenn sie Zertifikate kaufen, um ihre Emissionen über dem Cap auszugleichen. So bietet der EU-ETS derzeit keinen Anreiz zur Emissionsminderung, beispielsweise durch emissionsärmere Flugzeuge. Denn: Der Kauf von Zertifikaten ist viel billiger ist als die Umsetzung solcher Maßnahmen. Momentan ist ein Flug von Berlin nach Mallorca um etwa € 3 teurer, wenn die Kosten für die Zertifikate auf die Ticketpreise aufgeschlagen werden (bei Emissionen von 0,27 Tonnen CO₂ pro Fluggast gemäß Berechnungen nach Atmosfair, einem Zertifikatepreis von € 20 je Tonne CO₂ und einer freien Zuteilung von Zertifikaten von 43 %).
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Unsichere Klimabilanz der “nachhaltigen Flugkraftstoffe”:
Eine Option für einen nachhaltigeren Luftverkehr ist der Einsatz von synthetisch hergestellten Brennstoffen. Im EU-ETS werden Kraftstoffe aus erneuerbaren Ressourcen grundsätzlich mit Null Emissionen bewertet, wenn sie bestimmten Kriterien in Bezug auf Nachhaltigkeit und eingesparte Emissionen entsprechen. Diese folgen den Kriterien der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (2018/2001) in Artikel 25 (2), 29(20), 26(1) und 29 (2-7). Wie hoch die Emissionen sind, die bei der Herstellung von “nachhaltigen Flugkraftstoffen” entstehen, ist aber für einige Prozesse ungewiss. Die Preise für Emissionszertifikate sind im Moment und auf absehbare Zeit aber deutlich niedriger als die Kosten für synthetische Brennstoffe – so können sie im Moment keinen wesentlichen Beitrag für mehr Klimaschutz im Luftverkehr leisten.
Wie könnte der Luftverkehr wirkungsvoller innerhalb des EU-ETS reguliert werden?
Die Idee des EU-ETS ist es, die Gesamtemissionen der Systeme zu begrenzen und damit einen Handel mit Emissionsmengen zwischen den Marktteilnehmern anzuregen, damit Emissionen dort reduziert werden, wo die Kosten dafür am geringsten sind. Allerdings benötigt das komplexe System weitere Justierungen, um ausreichende Anreizwirkungen zu entfalten. Momentan gibt es zwei Gelegenheitsfenster, um den EU-ETS zu reformieren und wirksamer zu machen: Erstens muss der EU-ETS im Rahmen des internationalen Systems CORSIA angepasst werden. Zweitens wird im Jahr 2020 die Erhöhung der Klimaschutzziele der EU für das Jahr 2030 revidiert, zu deren Erreichung der EU-ETS maßgeblich beitragen wird.
Die wichtigsten Möglichkeiten für eine Reformierung des EU-ETS mit Blick auf den Luftverkehr sind:
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Reduzierung der Emissions-Obergrenze: Entscheidend ist die Höhe des Caps, also der erlaubten Gesamtmenge im System. Wie die Erfahrung in den ersten Jahren des EU-ETS gelehrt hat, ist ein statisches Cap nicht ausreichend. Denn dieses kann tatsächliche Entwicklungen wie Einbrüche der Emissionsmengen durch wirtschaftliche oder gesundheitliche Krisen oder schnellere technologische Entwicklungen wie beim Einsatz der erneuerbaren Energien nicht berücksichtigen. Anpassungen des Caps können sich auf die absolute Höhe der Emissionen, aber auch auf die Geschwindigkeit der Reduktion beziehen. Die Geschwindigkeit der Verringerung der Obergrenze legt der Lineare Reduktionsfaktor (LRF) fest. Bereits beschlossen ist die Erhöhung des LRF von 1,74 auf 2,2 % in der vierten Handelsperiode ab 2021. Anders als in den Vorjahren verringert sich auch der Cap für den Luftverkehr jährlich parallel zu dem des stationären Sektors. Angesichts des erheblichen Überschusses an Zertifikaten, der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, die einen Nachfrageeinbruch an Zertifikaten erwarten lässt, und der definierten langfristigen europäischen Klimaschutzziele muss die Gesamthöhe des Caps angepasst werden. Nach Berechnungen des Öko-Instituts sollte die Obergrenze um 205 Millionen Annual Emission Allowances (AEA) reduziert und der LRF auf bis zu 5,07 % angehoben werden (diese Berechnungen wurden vor der Covid-19-Pandemie erstellt und beziehen damit den deutlichen Rückgang der Luftverkehrs- und anderen ETS-Emissionen nicht ein).
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Reduktion der freien Vergabe von Emissionszertifikaten: Freie Zuteilungen werden im EU-ETS vergeben, um Carbon leakage, also die Abwanderung der klimaschädlichen Aktivität in ein anderes Land bzw. eine Verlagerung der CO₂-Emissionen aus dem Wirtschaftsraum zu vermeiden. Für den Luftverkehr ist eine Abwanderung gerade beim Passagierverkehr unwahrscheinlich: Niemand wird von Berlin über die Ukraine nach Mallorca fliegen, um den Anwendungsbereich des EU-ETS zu umgehen. Es wäre daher sinnvoll, die freien Zuteilungen für den Luftverkehr abzuschaffen. Dadurch würden für die Luftverkehrsbetreiber direkt höhere Kosten und Anreize zur Emissionsreduktion entstehen.
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Weitere Maßnahmen:
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Zahlreiche zusätzliche Maßnahmen, die derzeit für den stationären EU-ETS diskutiert werden, könnten auch im Luftverkehrs-ETS Anwendung finden. Diese würden generell zu einer Erhöhung der Kosten bzw. zu einer Verstetigung der Preise (z.B. Carbon Floor Price) führen.
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Es ist sinnvoll, den EU-ETS für stationäre Industrieanlagen und den ETS für den Luftverkehr weiterhin zu trennen. Dadurch kann genauer gesteuert werden, in welcher Höhe Zertifikate für den Luftverkehr zur Verfügung stehen.
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Eine Verbindung mit anderen Emissionshandelssystemen würde die geographische Abdeckung des Systems und damit die Wirksamkeit besonders im Luftverkehr erhöhen: Derzeit sind Flüge nicht durch den EU-ETS erfasst, wenn sie von Flugplätzen außerhalb des europäischen Wirtschaftsraums starten oder dort landen. Durch die Verbindung von Emissionshandelssystemen, die den Luftverkehr umfassen, können mehr Flüge in das System einbezogen werden. Die Verbindung der Emissionshandelssysteme von Deutschland und der Schweiz ist zwar bereits beschlossen, die praktische Umsetzung wurde jedoch wegen der Covid-19-Pandemie verschoben.
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CORSIA-System unter der ICAO
Was ist CORSIA?
Das Carbon Offseting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA) ist ein neues globales Klimaschutzinstrument für internationale Flüge. Es wurde 2016 von der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation der Vereinten Nationen (ICAO) verabschiedet und hat zum Ziel, den Anstieg des CO₂-Ausstoßes über 2019 hinaus zu kompensieren. Das System verpflichtet die Flugzeugbetreibenden entweder, ihren eigenen CO₂-Ausstoß zu begrenzen, etwa durch effizientere Flugzeuge oder die Verwendung von sogenannten “nachhaltigen Flugkraftstoffen”, oder Kompensationszertifikate aus Klimaschutzprojekten zu kaufen.
Wie kam es zur CORSIA?
In den Verhandlungen über das Kyoto-Protokoll von 1997 konnten sich die Staaten nicht einigen, welchem Land der CO₂-Ausstoß aus internationalen Flügen zugeordnet werden soll. Jenem Land, in dem Kerosin getankt wird, oder jenem Land, in dem gestartet oder gelandet wird? Oder soll eine Zuordnung je nach Staatsangehörigkeit der Passagierinnen und Passagiere erfolgen? Schlussendlich wurde entschieden, internationale Flüge aus den Klimazielen der Länder ganz herauszunehmen. Stattdessen wurde die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO damit beauftragt, Maßnahmen zur Begrenzung dieser Emissionen zu ergreifen.
Doch hier gab es bei den Verhandlungen zunächst viele Jahre Stillstand. 2008 verlor die EU die Geduld und entschied, den CO₂-Ausstoß aus internationalen Flügen unilateral zu regulieren und ab 2012 in ihr Emissionshandelssystem einzubeziehen. Viele Staaten protestierten dagegen und argumentierten, dass die EU unzulässig ihren Luftraum reguliere. Es drohte ein handfester Konflikt und Handelskrieg. Die EU begrenzte daraufhin ihre unilaterale Regulierung auf innereuropäische Flüge, unter der Maßgabe, dass es zu einer Einigung unter der ICAO kommt. Hierdurch kam Bewegung in die Verhandlungen. 2016 verabschiedete die Internationale Zivilluftfahrtorganisation schließlich CORSIA.
Wie funktioniert CORSIA?
In den vergangenen Jahrzehnten ist der CO₂-Ausstoß aus internationalen Flügen stetig gestiegen. Durch immer sparsamere Flugzeuge ist der Ausstoß pro Passagier bzw. Passagierin zwar gesunken, aber das Verkehrsaufkommen ist deutlich schneller gewachsen. CORSIA will diesem Trend begegnen, indem es zwar ein weiteres Wachstum des Luftverkehrs erlaubt, den effektiven CO₂-Ausstoß durch Vermeidungsmaßnahmen und Klimakompensation aber auf das Niveau von 2020 einfriert. Die Luftverkehrsgesellschaften können ihre Verpflichtungen auf drei Arten erfüllen:
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Weniger Kerosinverbrauch: Der Kerosinverbrauch kann zum Beispiel durch sparsamere Flugzeuge gesenkt werden. Luftverkehrsgesellschaften können unter anderem effizientere Flugzeuge einsetzen und dadurch den Kerosinverbrauch senken.
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Nachhaltige Flugkraftstoffe: Sogenannte nachhaltige Flugkraftstoffe (sustainable aviation fuels) können zu einem geringerem Treibhausgasausstoß führen. Hierzu zählen Biokraftstoffe, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, synthetische Kraftstoffe, die den Kohlenstoff im Kerosin zum Beispiel aus dem Abscheiden von CO₂ aus der Luft gewinnen, und fossile Kraftstoffe, die bei ihrer Herstellung zu weniger Treibhausgasausstoß führen.
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Kompensation: Hierbei wird der verbleibende CO₂-Ausstoß über dem Niveau von 2020 durch den Kauf von Kompensationszertifikaten ausgeglichen. Kompensationsprojekte, wie zum Beispiel Solaranlagen oder Aufforstung, sollen die gleiche Menge an Treibhausgasen an anderer Stelle mindern.
Es wird erwartet, dass Luftverkehrsgesellschaften vor allem die Kompensation nutzen werden, da dies kurzfristig die kostengünstigste Variante sein wird.
CORSIA läuft zunächst von 2021 bis 2035. Bis Ende 2026 ist die Teilnahme freiwillig: in diesem Zeitraum greift CORSIA nur für Flüge zwischen Staaten, die freiwillig teilnehmen. Mit Stand vom 30. Juni 2020 sind dies 88 Länder, die etwa 77 % der internationalen Flugaktivitäten abdecken. Von den größten Vertragsparteien sind die EU, die USA und Japan von Anfang an dabei – China, Indien und Russland jedoch nicht. Ab 2027 ist die Teilnahme für die meisten Staaten verpflichtend, lediglich sehr arme Länder und solche ohne Seezugang sind ausgenommen.
Wie wirksam ist CORSIA für das Klima?
CORSIA wird vermutlich nur eine sehr geringe Klimawirkung haben. Dies hat mehrere Gründe:
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Begrenzung auf CO₂: CORSIA reguliert ausschließlich die CO₂-Emissionen und nicht die indirekte Klimawirkung von Flügen, die nach bisherigen Schätzungen bis zu dreimal so hoch wie die CO₂-Emissionen sein könnte.
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Ambition des Ziels: CORSIA hat lediglich zum Ziel, den Anstieg der Emissionen über 2019 hinaus zu begrenzen oder auszugleichen. Um die Klimaziele des Pariser Übereinkommens zu erreichen, müssen die Emissionen aus allen Sektoren jedoch rasch sinken.
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Qualität der Kompensationszertifikate: Bei der Kompensation durch Klimaschutzprojekte ist oft unsicher, ob hinter einem Kompensationszertifikat tatsächlich eine Tonne CO₂-Minderung steckt. Bei CORSIA sind zwei Aspekte besonders problematisch: Erstens dürfen in der ersten Phase von 2021 bis 2023 ausschließlich Kompensationszertifikate aus Altprojekten genutzt werden. Dies wird kaum zu Klimaschutz führen. Zweitens sind die Anforderungen an Waldprojekte besonders fragwürdig, denn hier muss nur für 20 Jahre garantiert werden, dass der Wald auch stehen bleibt.
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Risiko Doppelzählung: Bei der Nutzung von Kompensationszertifikaten besteht die Gefahr, dass sich sowohl die Fluggesellschaft als auch das Land, in dem das Klimaschutzprojekt umgesetzt wird, die gleiche CO₂-Minderung auf ihre Ziele anrechnen. CORSIA verlangt deshalb von den Programmen, die Kompensationszertifikate ausstellen, dass diese Art von Doppelzählung vermieden wird. Bisher gibt es jedoch unter dem Pariser Übereinkommen keine internationalen Regeln, die dies sicherstellen.
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Klimabilanz der “nachhaltigen Flugkraftstoffe”: Die Herstellung dieser Flugkraftstoffe ist zum Teil mit erheblichen Treibhausgasemissionen verbunden, darüber hinaus gibt es teilweise erhebliche Unsicherheiten bei der Abschätzung dieser Emissionen.
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Nur internationale Flüge sind einbezogen: CORSIA adressiert ausschließlich die Emissionen internationaler Flüge. Das bedeutet, dass die Flugbewegungen innerhalb der Länder weiterhin nicht durch Reduktionsmaßnahmen adressiert werden. Flüge innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes werden durch den EU-ETS adressiert, dabei sind nationale Flüge einbezogen ebenso wie Flüge zwischen den Ländern des europäischen Wirtschaftsraumes. Eine geeignete Kombination aus EU-ETS und CORSIA sollte sicherstellen, dass möglichst alle Flugemissionen durch Reduktionsmaßnahmen adressiert werden.
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Änderung der Baseline im Zuge der Covid-19-Pandemie: Ursprünglich war vorgesehen, dass die durchschnittlichen Emissionen der Jahre 2019 und 2020 als Referenzwert für CORSIA herangezogen werden, so dass das Wachstum der Emissionen ab 2021 über diesen Grenzwert hinaus von den Fluggesellschaften ausgeglichen werden muss. Als Antwort auf den Einbruch des Luftverkehrs im Zuge der Covid-19-Pandemie beschloss die ICAO Ende Juni 2020, dass nur noch die Emissionen im Jahr 2019 als Baseline für CORSIA herangezogen werden sollen. Da die Emissionen voraussichtlich auch nach 2020 für wenige Jahre unter dem Niveau von 2019 liegen werden, wird in der Pilotphase von CORSIA kein Emissionswachstum zu verzeichnen sein, das ausgeglichen werden muss. In der Konsequenz bedeutet diese Entscheidung eine Reduzierung der Minderungswirkung von CORSIA von 25 bis 75 %, abhängig davon, wie schnell der Luftverkehr wieder das Niveau erreicht, das er vor der Pandemie hatte.
Links zu weiterführenden Informationen
Emissionshandel
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ETC/CME (2019): Trends and projections in the EU ETS in 2019
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EEA (2019): EEA greenhouse gas data viewer
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EEA (2020): EU Emissions Trading System (ETS) data viewer
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Öko-Institut e.V. (2019): The role of the EU ETS in increasing the EU’s climate ambition, Assessment of policy options.
CORSIA
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ICAO (2020): What is CORSIA and how does it work?
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T&E (2019): Why ICAO and CORSIA cannot deliver on climate
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Öko-Institut (2020): Should CORSIA be changed due to the COVID-19 crisis?
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Öko-Institut, CE Delft, TAKS (2020): Further development of the EU ETS for aviation against the background of the introduction of a global market-based measure by ICAO.