Wie wirken Flugemissionen?
Neben dem direkten Ausstoß von Treibhausgasen hat der Luftverkehr weitere schädliche Auswirkungen auf das Klima durch Wolkenbildung und andere chemische Prozesse (Nicht-CO₂-Effekte) – sie werden durch die alleinige Betrachtung der CO₂-Emissionen, die durch die Verbrennung des Kerosins entstehen, nicht berücksichtigt. Eine 2020 erschienene Studie schätzt, dass die gesamte klimaschädliche Wirkung des Luftverkehrs im globalen Durchschnitt und bei gleichbleibendem Wachstum des Luftverkehrs etwa drei Mal so groß ist wie die der CO₂ Emissionen alleine.
Wie wirkt der Luftverkehr auf das Klima?
Der Luftverkehr hat stärkere negative Auswirkungen auf das Klima als nur die Wirkung der CO₂-Emissionen. Stickoxide (NOₓ), Wasserdampf, Ruß, Aerosol- und Sulfat-Aerosolpartikel, die von Flugzeugen ausgestoßen werden, wirken ebenfalls auf das Klima. Darüber hinaus entstehen beim Fliegen Kondensstreifen und Kondensstreifen-Zirren, also Wolken aus Eiskristallen, die von Flugzeugtriebwerken in großer Höhe erzeugt werden können. Dadurch können wärmende ebenso wie kühlende Effekte entstehen.
Stickoxide können zum Beispiel zu Ozonbildung führen, was die Atmosphäre erwärmt. Außerdem können sie zum Abbau von Methan in der Atmosphäre beitragen, was wiederum einen kühlenden Effekt hat. Wasserdampf und Rußpartikel, die Sonnenlicht absorbieren, haben einen direkt wärmenden Effekt. Sulfatpartikel können kühlend wirken, indem sie Sonnenlicht von der Atmosphäre abschirmen. Außerdem können Aerosolpartikel zur Bildung von Kondensstreifen und Schleierwolken aus Eis führen. Die Kondensstreifen fangen Infrarotstrahlung in der Atmosphäre ein und wirken damit wärmend. Zwar reflektieren sie Sonnenstrahlung zurück ins Weltall und können damit kühlend wirken, der wärmende Effekt ist aber stärker. Schleier- oder Zirruswolken aus Eiskristallen absorbieren die Sonnenstrahlung und führen zur Erwärmung der Atmosphäre.
Insgesamt überwiegt der wärmende Effekt von Flugemissionen deutlich. Die stärkste Klimawirkung haben die Wolkenbildung und das ausgestoßene CO₂. Die direkte Wirkung der ausgestoßenen Partikel ist physikalisch gut belegt. Wie genau sich die Wolkenbildung auswirkt, ist dagegen noch immer nicht endgültig erforscht. Die verschiedenen Effekte wirken außerdem unterschiedlich lange. Während CO₂ über Jahrhunderte in der Atmosphäre bleibt und das Klima erwärmt, wirken Wolkenbildung, Ruß und Aerosole nur über kurz Zeiträume von Tagen bis Dekaden:
Klimafaktoren | CO₂ | NOx → O3 Anstieg | NOx → CH4 Senkung | NOx → O3 Senkung | Sulfat Aerosole | Ruß | Kondensstreifen & Zirruswolken |
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Klimawirkung | erwärmend | erwärmend | abkühlend | abkühlend | abkühlend | erwärmend | erwärmend |
Dauer | Jahrhunderte | Wochen bis Monate | Dekaden | Dekaden | Tage bis Wochen | Tage bis Wochen | Kondensstreifen: Stunden Zirruswolken: Stunden bis Tage |
Räumliche Verbreitung | Global | Kontinental bis global | Kontinental bis global | Kontinental bis global | Kontinental bis global | Lokal bis global | Lokal bis global |
Wissenschaftliche Erkenntnisse | Gut | Mittel | Mittel | Mittel | Direkte Effekte: Gut Indirekte Effekte: Schlecht |
Direkte Effekte: Gut Indirekte Effekte: Schlecht |
Schlecht |
Wie kann die gesamte Klimawirkung gemessen werden?
In manchen Studien wird der Effekt des Luftverkehrs auf die Erde mithilfe des Strahlungsantriebs (“radiative forcing”, RF) abgeschätzt. Der Strahlungsantrieb ist ein Parameter dafür wie die Energiebilanz der Erde und der Atmosphäre verändert werden. Zur Berechnung wird hier ein Index für den Strahlungsantrieb (“radiative forcing index”, RFI) verwendet, der den Strahlungsantrieb aller Effekte des Luftverkehrs im Verhältnis zu jenem der CO₂-Emissionen betrachtet. Der RFI schätzt, dass die gesamte klimaschädliche Wirkung des Luftverkehrs 1,9 bis 4,7 mal so groß ist wie die Wirkung der CO₂-Emissionen alleine.
In einer 2020 erschienenen Studie wird die Klimawirkung des Luftverkehrs über den sogenannten “effektiven Strahlungsantrieb” (effective radiative forcing, ERF) gemessen, der die Zunahme oder Abnahme des Gleichgewichts zwischen der von der Sonne kommenden Energie und der von der Erde emittierten Energie seit der Zeit vor der Industrialisierung darstellt. In dieser Studie wird die gesamte Klimawirkung des Luftverkehrs etwa drei mal so hoch geschätzt, wie die der CO₂ Emissionen alleine, wenn der Luftverkehr in Zukunft weiter so stark wächst, wie vor der Covid-19 Pandemie. Der ERF ist ein besserer Indikator für den wärmenden Effekt des Luftverkehrs, weil er schnelle Reaktionen des Erdsystems stärker berücksichtigt.
Für einen einzelnen Flug hängt die spezifische Klimawirkung durch die oben genannten Faktoren von weiteren Parametern ab. Dazu gehört die Flughöhe, die dort herrschende Temperatur und die Feuchtigkeit in der Atmosphäre. Für die Berechnung der Klimawirkung eines einzelnen Flugs ist es wichtig, diese Bedingungen zu berücksichtigen. So kann ein Anreiz geschaffen werden, die klimaschädlichen Wirkungen des Fliegens zum Beispiel dadurch zu reduzieren, dass in niedrigerer Höhe geflogen wird.
Links zu weiterführenden Informationen
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Atmosfair (2020): Klimawirkung des Flugverkehrs.
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Carbon Offset Guide (2020): Total Climate Impacts from Aviation.
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DLR (2020): Der globale Luftverkehr trägt 3,5 Prozent zur Klimaerwärmung bei.
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Lee, D. S.; Fahey, D. W.; Skowron, A.; Allen, M. R.; Burkhardt, U.; Chen, Q.; Doherty, S. J.; Freeman, S.; Forster, P. M.; Fuglestvedt, J.; Gettelman, A.; León, R. R. de; Lim, L. L. et al. (2020): The contribution of global aviation to anthropogenic climate forcing for 2000 to 2018. Atmospheric Environment, 117834. DOI: 10.1016/J.ATMOSENV.2020.117834
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Umweltbundesamt (2012): Klimawirksamkeit des Flugverkehrs. Aktueller wissenschaftlicher Kenntnisstand über die Effekte des Flugverkehrs.
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Stay Grounded (2020): It’s about more than just CO₂.